von Rechtsanwalt Christoph Rühlmann aus Düren, zugleich Fachanwalt für Strafrecht
erschienen in der DNS 10/2014
„Zehn kleine Jägermeister rauchten einen Joint, den einen hat es umgehaun, da waren`s nur noch neun“, so schmettern „Die Toten Hosen“ inbrünstig in einer ihrer zahlreichen Partyhymnen. Nun mag man Campino & Kollegen ja manches nachsagen können, – eines kommt den „Hosen“ aber sicher nicht in die „Tüte“: Bierernste Besserwisserei.
Als Aufhänger für ein paar juristische Anmerkungen zu gängigen Missverständnissen über und vom Umgang mit Cannabisprodukten ist die Strophe aber gar nicht so übel, und paart Witz mit (vielleicht nicht unbedingt gewollt) Weisheit.
Der „kleine Grenzverkehr“ zwischen den Hanfkonsumenten der hiesigen Region und den Niederlanden folgt seit Jahr und Tag den selben Mustern und so sind es nicht wenige, die zwar nur ab und zu ihren Joint oder ihr „Pfeifchen“ rauchen wollen und zu diesem Zweck Maastricht, Heerlen, Venlo und andere Örtchen jenseits der Grenze bereisen. Die drei wichtigsten weitläufig verbreiteten Rechtsirrtümer seien hier kurz aufgezeigt:
1. Der Konsum von Cannabisprodukten (auch für Deutsche) ist in den Niederlanden erlaubt.
Falsch: Ob in Deutschland oder in den Niederlanden. Für deutsche Staatsangehörige ist auch der Konsum sogenannter weicher Drogen nicht erlaubt, sondern lediglich straffrei. Da Konsum ohne vorhergehenden Besitz (juristisch versteht man hierunter die Verfügungsmacht über die Drogen) oder Erwerb der Betäubungsmittel praktisch kaum stattfindet, macht sich auch derjenige strafbar, der sich eine Konsumeinheit Haschisch besorgt und diese kurzfristig später konsumiert. § 29 BtmG stellt nämlich den Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln unter Strafe. Das gilt übrigens auch für den Konsum deutscher Staatsangehöriger in den Niederlanden.
2. Die Einfuhr von bis zu 5 Gramm Haschisch oder Marihuana in die Bundesrepublik Deutschland wird nicht bestraft.
Falsch: Nach dem BtMG ist jede Einfuhr, auch die von Kleinstmengen, in die Bundesrepublik strafbar. In früheren Jahren wurde zwar gerade bei hiesigen Staatsanwaltschaften öfters mal ein Auge zugedrückt und die Verfahren bei wirklich kleinen Mengen Cannabisprodukten, das heißt Mengen im einstelligen Grammbereich, eingestellt (sofern man bis dato noch nicht strafrechtlich auf diesem Sektor in Erscheinung getreten war). Diese Toleranz schwindet zusehends und jeder, der mit auch nur geringen Mengen angetroffen wird, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.
3. Der Konsum von Cannabisprodukten ist ein harmloses Vergnügen und juristisch werden Cannabisprodukte daher als sogenannte „weiche Drogen“ behandelt.
Falsch: Der THC-Gehalt der meisten Marihuana- und Haschischsorten ist durch Zucht entsprechender Pflanzen in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen und hat sich vervielfacht. Nicht selten erreichen in den Niederlanden angebaute Cannabispflanzen einen Wirkstoffgehalt von mehr als 20 %, was extrem viel ist, wenn man bedenkt, dass vor einigen Jahren nur in Ausnahmefällen mehr als 10 % erreicht wurden. Da die Einfuhr sogenannter „nicht geringer Mengen“ von Betäubungsmitteln in die Bundesrepublik nach § 29 Abs . 1 Nr. 2 BtMG im Regelfall mit einer Mindeststrafe von zwei Jahren bestraft wird steht manch einer, der „Gras“ für sich und vielleicht auch noch ein paar Freunde vom Hollandausflug mitbringt, mit einem Bein im Knast, ohne es vielleicht zu ahnen. Die „nicht geringe Menge“ ist nämlich nach der Rechtsprechung bereits bei 7,5 Gramm THC erreicht. Die Gleichung ist einfach: Da bringt jemand 50 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 20 % THC aus Heerlen nach Düren um die Wochenend-Raucherrunde mit einem kleinen Vorrat zu versehen. Die reine Menge THC beträgt mehr als 7,5 Gramm, nämlich 10 Gramm. Regelstrafe – mindestens 2 Jahre Knast.
Abseits der Juristerei noch ein medizinischer Aspekt. Wissenschaftliche Studien beschreiben bei dauerhaftem Konsum wirkstoffreicher Cannabisprodukte, mögliche psychische Veränderungen, bis hin zu Psychosen. Dem Verfasser ist jener, andauernd in Hanfwolken gehüllte Jüngling, in bleibender Erinnerung geblieben, der vor seiner Strandhütte im indischen Goa sitzend, mantraartig vor sich hin brabbelte: „If you want to get really stoned – drink wet cement.“ Womit sich der Kreis zum Liedchen der „Toten Hosen“ schließt: „…einen hat es umgehaun…“.